Muss Weihnachten am 24. Dezember sein?

Es ist die Vorweihnachtszeit, eine Zeit in der die Menschen zur Ruhe kommen und Geborgenheit finden wollen. Aber in diesem Jahr ist alles ganz anders. Wir schreiben das Jahr 2020. Im Kloster am Nonnberg in Salzburg war vor vielen Jahren das Jesuskind verschwunden, weil es mit den Menschen Weihnachten feiern wollte. So hatte es sich damals auf den Weg in die Stadt begeben, um mit den Menschen Weihnachten zu feiern, aber es kehrte am Heiligen Abend noch rechtzeitig vor der Mitternachtsmesse auf den Nonnberg zurück und war froh, wieder bei seinen Eltern, Maria und Josef, und Ochs und Esel zu sein. Jahre war das her.

Und da war der Postbote, der damals im Schnee eine wunderschöne Weihnachtskarte verlor, die ohnehin schon lange Jahre unterwegs gewesen war und, die dann im Schnee ein Kind gefunden hatte. Es war damals die Weihnachtskarte, auf die eine alte Frau fast 45 Jahre gewartet hatte. Es war die Karte ihrer Jugendliebe und sie drückte damals die Karte ganz fest an ihr Herz, als sie dann über Umwege doch noch zu ihr gelangte.

Und es gab es den kleinen Jungen, dem die Oma immer in der stillen Zeit Weihnachtsgeschichten erzählt hatte und die dann immer beim Lesen eingeschlafen war und der kleine Junge sich dann ganz fest an die Oma drückte und wartete, dass endlich Weihnachten kommt. Da war auch damals das kleine Mädchen, das in der Bank einen Weihnachtsmann fragte, der nur verkleidet war, und eigentlich ein Bankräuber war, warum sie denn keine Puppe bekommen würde?

Und es gab da noch in den Weihnachtsgeschichten diese vom Strafgefangenen, der kurz vor seiner Entlassung ausgebrochen war, um seine sterbende Mutter zu begleiten. Er lief damals durch die Winterlandschaft, gejagt von der Polizei, um seine Mutter noch einmal zu sehen.

Man könnte unendlich Geschichten erzählen, vom Wunderland und von dem kleinen Jungen, der die Schokoschnecken so liebte und im Traum in die Himmelsbäckerei gebracht wurde. Oder die Geschichte vom Dachboden, auf dem in einer Kiste alte Geschenke aus Kindertagen lagen, die mehr als 30 Jahre später wieder unter den Christbaum gelegt wurden.

Eine Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, war, dass man in der Schweiz in den Fünfziger Jahren in einem kleinen Bergdorf Weihnachten einfach vorverlegte, weil ein junges Mädchen schwer erkrankt war und es abzusehen war, dass es das Weihnachtsfest nicht erleben würde.

Damals hatte der Metzger schon viele Tage vor Weihnachten sein Sortiment mit den Leckereien für Weihnachten bestückt. Der Bäcker hatte auch schon viel früher sein Haus aus Lebkuchen und Schokolade im Schaufenster. Die Schulen hatten viel früher Weihnachtslieder einstudiert und das ganze Dorf wurde in diesem Jahr schon weit vor Weihnachten mit den schönsten Christbäumen geschmückt.

Der Pfarrer war bereit, das Weihnachtsfest zu verschieben und es fand drei Wochen vorher auch die Christmette in der Kirche statt.

Unvergesslich die großen Augen des kleinen Mädchens, das an diesem Abend gesund und munter wirkte.

Nun schreiben wir das Jahr 2020. Es kommt im Kalender auch wieder der 24. Dezember, der Heilige Abend. Aber in diesem Jahr ist alles anders und vielleicht sollten wir uns überlegen, ob Weihnachten denn wirklich am 24. Dezember sein muss.

So, wie das kleine Dorf in der Schweiz es damals geschafft hatte, es vorzuverlegen, sollten wir uns einfach überlegen, ob wir es nicht schaffen, Weihnachten nach hinten zu verlegen. Denn muss Weihnachten eigentlich in diesem Jahr am 24. Dezember sein? Und die Frage, die wir uns stellen, wie wird denn Weihnachten eigentlich sein? Keine Umarmung, keine menschliche Wärme, keine Küsschen und Streicheleinheiten.

Es sind diese Dinge, die uns heuer fehlen.

Aber eines ist sicher. Wir wissen nun, was eigentlich die schönsten Geschenke sind. Es ist die Zeit, die man mit lieben Menschen verbringen kann. Ganz einfach und vielleicht auch so, wie es früher war. Denn die Geschenke müssen nicht die Rolex sein oder der Sportwagen, auch wenn er noch so sportlich aussieht. Es muss auch nicht das große Menü sein, nein, die Würstl am Heiligen Abend tun es auch.

Vielleicht erinnert es uns dann auch an eine Zeit, wie das Weihnachten 1818, als alles bescheiden war und das Lied „Stille Nacht“ entstanden ist. Und vielleicht ist es auch die Stille, die man im Leben manchmal braucht, um die Dinge zu sehen, die man lange nicht mehr gesehen hat.

Wir sehen die Kerzen, die Schatten an die Wände zaubern und die Schneeflocken die ganz langsam vom Himmel fallen, als wären sie Wattebällchen und die Landschaft verzaubern. Und vielleicht hören wir dazu CD`s mit den schönsten Weihnachtsliedern, weil es die Konzerte nicht gibt.

Und vielleicht hören wir dann in diesen Liedern auch die Geige, die so zart und zerbrechlich ist, oder das Klavier, das die sanften Töne weitertragen kann und eine Zither, die der Bauer auf der Alm früher als einziges Instrument hatte, um „Stille Nacht“ zu spielen und dabei von der Alm aus über die Landschaft und ins Tal zu schauen.

Wenn wir jetzt unser Haus schmücken und ihm das besondere Kleid und die Lichter geben, dann fällt uns das Zwetschgenmännchen auf, das man vor Jahren mal gekauft hat und dann sieht man erst, wie viele Engel in der Weihnachtskiste das ganze Jahr ausharren mussten. Sie fliegen nun durch den Raum, um uns zu beschützen, denn die Engel schlafen nicht, sie sind bei uns Tag und Nacht, Jahr für Jahr, die Engel sind da, auch wenn wir sie nicht sehen.

Und wenn heuer das kleine Jesuskind nochmals vom Nonnberg zu den Menschen in die Stadt geht, ist es eine besondere Reise, denn der kleine Junge sagt: „Haltet einfach durch.“ Und auch, wenn es im Kalender so steht, muss der Weihnachten eigentlich am 24. Dezember sein?

Machen wir es einfach so, wenn diese Zeit vorbei ist, in der wir vielleicht sehr einsam sind und wir uns alle wieder nah sein können, dann feiern wir einfach nochmals ein schönes Weihnachtsfest mit all unseren Liebsten und geben uns damit alle das schönste Geschenk, das es gibt, wenn alles besser sein wird.

Die Liebe!

Denn dieses Jahr muss Weihnachten nicht am 24. Dezember sein!

Und auch, wenn der kleine Jesus heuer am Nonnberg alleine am Heiligen Abend in der Mitternachtsmesse in der Krippe liegen muss, weil die Menschen in der Kirche nicht da sind. Er ist nicht alleine, denn seine Eltern, Maria und Josef, und der Ochs und der Esel sind da und dafür ist das kleine Jesuskind unendlich dankbar.

 

Peter Zörner

2020 A.D.